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© Anne Marie Braune
Die Erzählschiene bietet eine sehr gute Möglichkeit, Geschichten anhand von Bildmaterial zu erfinden. Aber nicht nur das – sie kann auch eine Bühne für selbst gestaltete Figuren und Kulissen sein, mit denen die Kinder neue Märchen und Geschichten erzählen können.
Im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster habe ich in den Sommer- und Herbstferien mit meiner Kollegin Wil Borgmann einen Workshop zum Erstellen von eigenen Kulissen für die Erzählschiene angeboten. Jeder der vier Tage war einem anderen Element der Geschichte gewidmet.
Am ersten Tag haben wir uns mit der Entwicklung von Charakteren beschäftigt. Dabei stand im Vordergrund, was eine prägnante Figur ausmacht und wie sie in eine spannende Geschichte platziert werden kann. Inspiration gaben uns hier die Menschen und Tiere, die auf den Kunstwerken in unserer ständigen Sammlung sowie in der Familienausstellung "August und das Zirkuspferd" zu sehen sind. Außerdem sprachen wir über altbekannte Märchenfiguren wie etwa die der Gebrüder Grimm, aber auch über Märchenfiguren aus anderen Kulturen.
Am zweiten Tag haben wir uns den Orten gewidmet, an denen Geschichten spielen können. Auch hier waren sowohl verwunschene Wälder aus Märchen als auch gefährliche Gebirgslandschaften aus unserer Sammlung Vorbild. Beim Sprechen über die Orte wurden die zuvor entstandenen Figuren direkt nach dem Motto "Was könnten unsere Märchencharaktere hier erleben?" eingebunden.
Wichtig für den Ort ist auch eine bestimmte Atmosphäre. Wie fühlen sich die Figuren und wie verändern sich Orte zu verschiedenen Tages- oder Jahreszeiten?
Als Nächstes entwickelten wir einzelne Objekte für die Geschichten. In unserer Ausstellung im Museum fanden wir märchenhafte Spiegel oder verwunschene Wanduhren mit Wolfstatzen, die uns aus Märchen schon vertraut vorkamen. Vom Hexenbesen bis zum Zauberkristall entstanden einige nützliche Gegenstände.
Am nächsten Tag ging es dann an die Entwicklung der eigenen Story, die an den Tagen zuvor schon angerissen wurde. Behilflich waren hier unter anderem Storycubes/Geschichtenwürfel. In der Museums-Sammlung hatten wir uns zuvor Gemälde angeschaut und darüber gesprochen, welche Geschichten sie erzählen. Impulsfragen dabei waren:
Der Workshop endete an diesem Tag mit der Präsentation des Märchens. Die Kinder wurden in Teams eingeteilt und konnten mithilfe ihrer "Geschichts-Asistent:innen" ihre Storys mit Spezialeffekten wie Lichtstrahl, Konfettiregen, Musikbegleitung oder Tüchern vorführen. Hierzu gab es einen kleinen Input zur Dynamik von Geschichten:
Besonders knifflig war, die Vergänglichkeit der Zeit darzustellen. Zieht eine Sanduhr vorbei und die Erzählenden sagen "100 Jahre später" oder wird ein durchsichtiges Tuch wie eine Schicht Staub über das Geschehen gelegt? Es gibt so viele Möglichkeiten!
Und das ist ja das Schöne an der Erzählschiene und den enstandenen Geschichtselementen! Der Aufbau und die Geschichte bleiben immer flexibel und die Kinder können später weitere Elemente gestalten, variieren und neue Geschichten entwickeln.
Tipp: Verschiedene kreative Techniken zur Erstellung des Collage-Materials
Für die Erstellung der Figuren und Orte haben wir verschiedene Technik-Übungen angeboten, aus denen die Elemente später collagiert und mit anderen Materialien wie Folie, Stoff, Federn oder Watte kombiniert wurden. So haben wir Strukturen mit Schwamm und der Nass-in Nass-Technik erzeugt, um verschiedene Gewässer darzustellen. Die Frottage-Technik eignet sich für die Darstellung von Fellen und anderen organischen Mustern. Strukturen für Haare und Pflanzen lassen sich mit dicker Farbe und Holzgabeln erzeugen.
Sonstiges: Skizzenbuch als Ideensammlung
Die Geschichtsentwicklung kann gut mit einem Skizzenheft begleitet und festgehalten werden. Hier können Ideen, Farben und Techniken notiert und ausprobiert werden und es kann auch als Begleiter für unterwegs dienen. Vielleicht finden sich beim Ausflug in den Wald Ideen für die Geschichten, die festgehalten werden wollen?
Die Altersgruppe des Workshops war 7 bis 10 Jahre. Aber nicht nur in der Grundschule, auch in der Kita lässt sich das Konzept sehr gut anwenden. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass alle gemeinsam eine Geschichte und die einzelnen Elemente entwickeln. Zuvor könnte man sich auf eine ungefähre Geschichte sowie Figuren und Orte einigen. Daraufhin können die Kinder in Gruppen arbeiten.
Zum Einstieg in das Thema Geschichten/Märchen bietet sich z.B. das Märchenquiz aus Rita Diepmanns Buch „Vorwärts- und Rückwärtsgeschichten“ an.
Ein Vorschlag für verschiedene Aufgaben, die man in Kleingruppen bearbeiten könnte:
Vorab: Am besten prüfen Sie zunächst, welche Papierstärke sich für die Rillen der Erzählschiene am besten eignet. Wir haben mit dünner Pappe gearbeitet, die wir mit Papieren beklebt haben.
Tipp: Eine Geschichte muss nicht unbedingt realistisch ausgearbeitete Figuren haben, um zu funktionieren.
Am Ende können alle Gruppen ihre Elemente zusammenbringen und so eine gemeinsame Geschichte entwickeln, die auch variiert und später wieder ergänzt werden kann. Bei der Vorführung kann jedes Kind eine eigene Aufgabe haben. So kann es in der Kita oder der Grundschule eine kleine Box mit selbst entwickelten Geschichts-Elementen geben, die ständig wächst.
Zur Autorin: Anne Marie Braune hat in Münster Illustration mit Schwerpunkt Kinderbuch sowie in Osnabrück Kunst & Kommunikation studiert. Am liebsten erfindet sie kleine lustige Tierwesen und farbenfrohe Traumwelten. Sie arbeitet außerdem als Kunstvermittlerin im LWL-Museum für Kunst und Kultur.
Anne Marie Braune hat in Münster Illustration mit Schwerpunkt Kinderbuch sowie in Osnabrück Kunst & Kommunikation studiert. Am liebsten erfindet sie lustige Tierwesen und farbenfrohe Traumwelten. Sie arbeitet außerdem als Kunstvermittlerin im Museum.
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