Entspannt und achtsam durch den Alltag.

Mach's gut, kleine Meise - eine Vorlesegeschichte für Karfreitag

Publiziert am 06.04.2020  von Alfons Friedrich

An einem herrlichen Frühlingstag macht Paula eine traurige Entdeckung: eine kleine Meise liegt tot in ihrem Garten. Mit ihrem Bruder bereitet sie dem Vogel ein würdiges Begräbnis. Am Abend sprechen die Kinder mit ihren Eltern über das Leben, den Tod und die Hoffnung auf Auferstehung. An Karfreitag erinnern wir uns an Jesu Tod am Kreuz. Und wissen gleichzeitig, dass Jesus an Ostern wieder auferstehen wird. Das dürfen wir auch für uns hoffen.
 

Mach‘s gut, kleine Meise – eine Vorlesegeschichte für Karfreitag

Von Alfons Friedrich und Martina Reiner



Es ist ein schöner Frühlingstag. Die Sonne scheint schon recht warm und an den Sträuchern gehen die ersten Knospen auf. „Komm, lass uns im Garten spielen“, schlägt Paula ihrem Bruder Tim vor. Tim überlegt nicht lange und schnappt sich seinen Fußball. „Ich bin dann schon mal draußen!“, ruft er seiner Schwester zu und springt die Treppe in den Garten hinunter. Paula lässt sich etwas mehr Zeit. Während Tim schon die ersten Tore schießt, staunt sie darüber, wie schnell jetzt doch nach einem langen Winter alles zu blühen beginnt. Sie denkt sich: „Was so ein paar Sonnenstrahlen doch alles ausmachen.“

Als Paula unter dem Forsythienbusch kleine Blumen entdeckt und zu ihnen läuft, schreit sie plötzlich auf. „Tim, komm mal schnell her, da ist etwas Schreckliches!“ Tim schießt seinen Ball in die Ecke und rennt zu Paula. „Was ist denn so schrecklich?“ „Na, schau hier: Da liegt ein toter Vogel, eine kleine Meise! Und jetzt?“ – Paula kann nicht weitersprechen und aus ihren Augen tropfen dicke Tränen. „Was machen wir denn jetzt?“, fragt Tim.



„Kinder, wo seid ihr?“ Paulas und Tims Mutter ruft schon zum zweiten Mal, als sie feststellt, dass die Tür zum Garten offen steht. Sie entdeckt die beiden hinten an den Sträuchern und sieht, wie sie ganz still und starr dort stehen. „Was ist denn los mit euch beiden?“ Besorgnis klingt aus ihrer Stimme, als sie durch den Garten auf die Kinder zugeht. „Mama, schau mal, die kleine Meise ist tot.“

„Was machen wir jetzt mit der toten Meise?“, fragt Tim und blickt erwartungsvoll in die Augen seiner Mutter. „Wir können sie doch nicht so einfach auf den Müll werfen.“ „Auf keinen Fall!“, geht Paula dazwischen. „Sie muss beerdigt werden! Und zwar bei uns im Garten.“ Die Mutter schaut ihre beiden Kinder an. „Da habt ihr recht! So ein kleines Lebewesen dürfen wir nicht einfach wegwerfen.“



„Ich glaube, so hat sie es schön gemütlich.“ Paula hat einen Schuhkarton erst mit Papier und dann mit Watte ausgestopft. An den Seiten liegen einige Zweige des Forsythienbusches. Die ersten Knospen sind schon aufgegangen und leuchten gelb aus dem Karton heraus. Ganz vorsichtig hebt Tim die kleine, kalte, tote Meise in die Schachtel. Paula flicht aus einigen Gänseblümchen einen Kranz und legt ihn auf das Vögelchen. Tim und Paula sind ganz still geworden, als die Mutter kommt und den Deckel auf die Schachtel zieht. „Dürfen wir noch etwas auf die Schachtel malen?“, fragt Paula.

Paula hat ihre Deckfarben geholt. Vorsichtig nimmt sie den Deckel von dem Karton wieder ab und überlegt, was sie malen soll. „Hast du eine Idee, Tim, was ich auf den Deckel malen soll?“ „Nö, weiß ich auch nicht. – Aber du kannst ja ein Kreuz malen.“ Paula findet die Idee mit dem Kreuz nicht so gut. Sie denkt an die kleine Meise, die sicher so gerne durch die Luft geflogen wä-re – der Sonne entgegen. In gelber Farbe malt sie eine große Sonne. Und dann fällt ihr ein, dass die kleine Meise in ihrem Busch gewohnt hat. Sie zeichnet den Forsythienbusch aus ihrem Garten dazu und dazwi-schen die kleine Meise, die sich erhebt und zur Sonne fliegt.

„Hier graben wir ein Loch“, schlägt die Mutter vor. Tim nimmt den Spaten und sticht ins Erdreich. „Wie gut die Erde riecht!“, denkt er sich. Nach einigen Minuten ist das Loch ausgehoben. „Paula, jetzt können wir die Mei-se beerdigen.“ Paula schaut in das Loch hinein. „Das wird jetzt dein Grab sein, kleine Meise“, denkt Paula und beginnt zu weinen. „Mama, können wir jetzt an-fangen?“ „Nein, ich brauche noch etwas Zeit“, ruft Tim. „Ich muss noch etwas erledigen.“ Er läuft in die andere Ecke des Gartens. Tim weiß genau, was er will. Er sucht zwei gleich lange Zweige, die mit einigen Stöcken dort liegen. „Jetzt haben wir alles für die Beerdigung“, ruft Tim. Mit einem Bindfaden bindet er die Hölzer so zu-sammen, dass ein Kreuz entsteht. „Jetzt fangen wir an“, sagt die Mutter.



Paula hat sich vor das Loch hingekniet. „Hier wirst du jetzt wohnen, kleine Meise.“ Langsam stellt sie den Schuhkarton, der nun ein Sarg geworden ist, in das Erdloch hinein, das jetzt ein Grab ist. „Mach’s gut, kleine Meise“, sagt Paula und streut etwas Erde auf den Karton. „Leider hast du nicht lange leben dürfen, kleine Meise.“ Wieder nimmt sie Erde und füllt langsam das Loch weiter zu. „Mama, was meinst du? Ist die Meise jetzt im Meisenhimmel?“ Die Mutter schaut still Paula und Tim an und legt ihre Hände auf sie. „Jetzt lasst uns erst das Grab fertig machen.“ Als die Erde aufgefüllt ist sagt Tim: „Und damit jeder weiß, dass hier ein Grab ist, kommt jetzt ein Kreuz an diese Stelle.“

Es ist schon dunkel geworden. Tim und Paula sitzen mit ihrer Mutter in der Küche, als ihr Vater nach Hause kommt. „Was ist denn mit euch los?“, fragt er. Paula und Tim erzählen von der kleinen Meise, die nun in ihrem Garten beerdigt liegt. „Und was meinst du, Papa? Wenn eine Meise stirbt oder sonst irgendjemand, was passiert dann?“ Vater und Mutter schauen sich an. „Das ist keine leichte Frage“, sagt die Mutter. Und der Vater fügt hinzu: „Und eine sichere Antwort gibt es da auch nicht. Aber wir können euch sagen, was wir glauben.“ Paula und Tim schauen gespannt ihre Eltern an.



Es ist still am Tisch geworden. Die Mutter zündet die Kerze an: „Wenn jemand geboren wird und auf die Welt kommt, dann ist das so, als wenn man eine Kerze an-zündet“, sagt sie. „Erst brennt sie ganz zaghaft. Aber dann wird ihr Licht stärker. So ist das auch mit unserem Lebenslicht. Bei einem brennt es lange, bei einem anderen nur kurz und irgendwann wird dieses Licht ausgeblasen.“ Alle schauen auf die Kerze, als der Vater sie ausbläst. „So war es bei unserer kleinen Meise und so ist es bei vielen anderen“, fährt der Vater fort. „Wenn ein Lebenslicht ausgelöscht ist, dann sind andere trau-rig, denn es fehlt etwas.“ „Also bräuchte man einen“, fällt Tim ihm ins Wort, „der das Lebenslicht einfach wie-der an macht. Das wäre doch gut.“

„Wisst ihr“, meint die Mutter, „ich glaube, dass jedes Licht wieder angezündet wird.“ „Und wer soll das machen?“, will Paula wissen. „Darüber haben die Menschen schon immer nachgedacht“, antwortet der Vater. „Weil es kein schöner Gedanke ist, dass mit dem Tod alles einfach so vorbei ist. Da braucht man schon etwas, das einem zum Leben hilft. Die Mutter nimmt ein Streichholz. Und als sie es entzündet hat, hält sie es an die Kerze. Schnell brennt die Kerze wieder und sofort verändert sich die Stimmung im Raum. „Ich glaube“, sagt die Mutter, „dass der liebe Gott das Lebenslicht eines jeden wieder entzündet, wenn es hier auf Erden ausgegangen ist.“ Paula und Tim schauen sich an. Und Paula meint: „Dann fliegt unsere kleine Meise jetzt doch durch den Himmel der Sonne entgegen.“


 

Tischlicht „Auferstehung“

Immer wieder tritt der Tod in unseren Alltag: über die Medien, in unserem Bekanntenkreis und auch bei unseren Haustieren. Immer wenn du traurig bist und vom Tod hörst, kannst du dieses Licht anzünden und dich erinnern, dass Gott jedes Lebenslicht zu sich holt und es bei sich wieder anzündet. Seine Liebe ist stärker als der Tod. Das feiern wir an Ostern.
Hier gibt es den Bastelbogen für das Tischlicht zum Ausdrucken.

Martina Reiner ist Lehrerin für Mathematik und katholische Religionslehre an einem Gymnasium im Münchner Umland. Erst am Anfang steht sie in ihrer Funktion als Mitglied der Krisenseelsorge im Schulbereich in der Erzdiözese München und Freising. Hier sieht sie eine Herausforderung darin, Kinder und Jugendlichen in Trauer und Todeserfahrung zu begegnen.

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