Entspannt und achtsam durch den Alltag.

Das Haus Gottes - Kirchenraumpädagogik, Folge 2

Publiziert am 09.07.2019  von Martina Groß

Willkommen – im Haus Gottes!

Wir haben die Kirche außen erforscht und „erobert“ (vgl. Beitrag Kirchenraumpädagogik, Folge 1). Jetzt geht’s rein. Es gibt viele unterschiedliche Zugänge, um den Kirchenraum kennenzulernen, z.B. architektonisch, kunsthistorisch, symbolisch, liturgisch … Wir nähern uns heute mit allen Sinnen dem Kirchenraum. Also: sehen, riechen, fühlen, spüren, hören.
 

Was du an Material brauchst:

Teelicht (auch LED) für jedes Kind, Haftnotizen („Post-its“) in Herzform und Post-its mit Fragezeichen, Klangspiel/Triangel o.Ä., Stifte, Papier, eine kleine Schale mit wohlriechendem Massageöl, Text und Bilder zu Psalm 23 (z.B. als Bildkartenset für das Kamishibai-Erzähltheater „Der Herr ist mein Hirte“), vorbereitete Aufgaben für Stationenarbeit
 

So kann es gehen:
  • Wir stehen außen vor dem Hauptportal. Bevor wir eintreten, knüpfen wir an unseren letzten Besuch (Kirche von außen) an und überlegen nochmal, wie die Kirche wohl innen aussehen mag.

  • Die Kirche ist ja nicht irgendein Haus, in das wir reinstürmen. Sie ist etwas Besonderes – Gottes Haus. Überlege mit den Kindern, welches Verhalten in der Kirche angemessen ist. Wie wollen wir Gott gegenübertreten? Ich schlage eine andere „Gangart“ vor: Den Pilgerschritt (zwei bis drei Schritte vorwärts und einen zurück) oder: einen Schritt mit dem rechten Fuß vorwärts, den linken anstellen, einen Schritt mit dem linken Fuß vorwärts, den rechten anstellen etc.

  • Ziemlich weit hinten (bei den letzten Bankreihen) bleiben wir stehen und lassen den Raum auf uns wirken. Wie riecht es hier? Welche Geräusche sind zu hören? Von draußen? Wie ist das Licht? Ist es hell? Dunkel? Ist es kälter als draußen?

  • Wir singen gemeinsam das Lied: „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind“.

  • Jedes Kind erhält ein Teelicht (noch nicht angezündet) oder (bei kleinen Kindern oder wenn es nicht erlaubt ist) ein Post-it in Herzform, außerdem ein Post-it mit Fragezeichen. Die Kinder gehen nun langsam durch die Kirche und suchen sich einen Platz, an dem sie sich wohlfühlen, der ihnen gefällt. Dieser Wohlfühlplatz muss nicht in der Kirchenbank sein! An diesem Ort stellt das Kind sein Teelicht auf bzw. befestigt sein Herz. An/Vor Gegenständen, die dem Kind unbekannt sind oder von dem es wissen mehr wissen möchte, legt es das Fragezeichen.

  • Du sammelst die Kinder wieder bei dir. Am besten machst du vorher ein Zeichen aus, auf das alle hören, z.B. mit einem Klangspiel o.Ä.

  • Nun geht ihr gemeinsam zu den jeweiligen Wohlfühlplätzen, zündet das Teelicht an und lasst den Ort kurz auf euch wirken. Dann geht’s zu den Fragenzeichen. Entweder du erklärst gleich, worum es sich handelt oder du notierst die Fragen, um sie später bei passender Gelegenheit zu klären.

Eine kleine Auswahl an Sinnesübungen

Die Kinder bilden kleinere Gruppen (zu zweit/zu dritt). Du kannst die Impulse mit den Kindern gemeinsam anleiten, d.h. alle machen die Übung parallel. Bei Schulkindern bietet es sich an, die Aufgaben vorher einzeln zu verschriftlichen. Die Gruppen wählen selbstständig, was sie zuerst ausprobieren möchten (Stationenarbeit).
 

  • Partnerübung „Standbild“: Ein Kind schließt die Augen. Das andere Kind wählt sich eine Skulptur/Heiligenfigur oder eine Figur aus einem Bild aus. Es versucht die Skulptur nachzustellen und „formt“ seinen Partner entsprechend (Körperhaltung). Dann öffnet das Kind die Augen und erzählt, was es empfunden hat und sucht sein „Original“.

  • Eine kleinere Gruppe stellt sich vor ein Bild. Was könnten die Personen auf dem Bild sagen oder denken? Die Kinder spielen eine kleine dialogische Szene.  Sie überlegen, wo sie auf dem Bild vorkommen möchten, was sie sehen/riechen/hören würden, wenn sie „im“ Bild wären. Wer möchten sie nicht sein? Was würden sie anders malen? ...

  • Partnerübung „Nicht sehen – nur fühlen“: Ein Kind schließt die Augen. (Tipp: Bei jüngeren Kindern kann man auch eine Schlafbrille verwenden). Das andere Kind sucht sich einen Ort oder Einrichtungsgegenstand (Kirchenbank, Stück Mauer, Säule, Boden …) und führt das „blinde“ Kind dorthin. Dieses befühlt den Gegenstand mit verschlossenen Augen. Danach wird es wieder an den Ausgangspunkt gebracht. Jetzt darf das Kind die Augen öffnen und muss herausbekommen, was es befühlt hat.

  • Die Kinder legen sich auf die Kirchenbank und blicken nach oben. Was sehen sie? Was fühlen sie? Welche Gedanken kommen ihnen in den Sinn? Im Anschluss an die Übung sprecht ihr darüber.

  • Toll ist es, wenn ihr auf die Kanzel oder in die Empore gehen dürft. Wie fühlt sich das an? Was sehe ich jetzt? Perspektivenwechsel!

  • Suchbild: Du hast vorher einen Ausschnitt aus einem Bild fotografiert. Die Kinder suchen diesen in der Realität.

  • Zählauftrag: Die Kinder zählen die Kreuze/Herzen/Heiligenfiguren …

  • Betrachtet die Fenster: Welche Form, Größe, Farbe, Verzierungen haben sie? Fensterbilder in älteren Kirchen und Wandbilder stellen meist biblische Szenen dar. Welche Geschichte kenne ich? An welche Geschichte erinnert mich die Szene?

In modernen oder „leeren“ Kirchen
  • Bei modernen oder eher schmucklosen Kirchen liegt der Schwerpunkt der Sinnesübungen mehr auf dem Aspekt der „Ruhe“: Es gilt, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, Stille zu genießen. Was macht ein fast bildloser Raum mit mir? Warum ist es hier so leer? Wo ist mein „Lieblingsruheplatz“? Auch hier sollten die Kinder sich auf eine Kirchenbank legen dürfen und nach oben schauen. Welche Gedanken kommen ihnen dabei? Was „sehen“ sie? „Was ich Gott schon immer sagen wollte“, darüber können die Kinder nachdenken und ihre Gedanken malen oder Schulkinder auch verschriftlichen in Elfchen oder Haiku.

  • Wenn keine bunten Fenster vorhanden sind, überlegt, welche Farbe/welche biblische Szene gut in die Kirche passen würde? Die Kinder gestalten vor Ort oder später in der Einrichtung/ Schule selbst ein Fensterbild. Diese kann beim nächsten Kirchenbesuch mitgenommen werden.

 

Abschlussimpuls „Ölritual“
  • Du versammelst die Kinder (Ertönen des Klangspiels) um das Taufbecken. Jedes Kind kommt langsam mit seinem Teelicht, das ihr zu Beginn entzündet habt. (Falls du mit Post-it-Herzen gearbeitet hast, verteilst du jetzt Teelichter. In manchen Kirchen sind Wachskerzen nicht erlaubt, verwende stattdessen LED Teelichter.) Ihr stellt die Lichter auf den Rand des Taufsteins.

  • Ihr singt das Lied: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“

  • Du hast den Psalm 23 vorbereitet. Mit Jüngeren Kindern kannst du das Kamishibai-Theater bzw. Mini-Bilderbuch „Der Herr ist mein Hirte“ verwenden. Bei Schulkindern teilst du den Text aus der Schulbibel aus und lässt du die Psalmverse in zwei Gruppen abwechselnd gemeinsam lesen.

  • In ein schönes Schälchen hast du ein wenig wohlriechendes (Massage-)Öl gegeben. Du lässt die Kinder daran riechen. Dann erzählst du ihnen ein wenig über die Bedeutung von Öl:
    Im Psalm 23 steht: „Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt.“ Öl galt seit jeher als etwas Besonderes. Propheten haben Könige damit gesalbt. „Christus“ bedeutet „der Gesalbte“. Bei der Taufe und bei der Firmung macht der Priester ein Kreuzzeichen mit Öl (Chrisam) auf die Stirn. Gesalbt sein heißt auserwählt sein. Gott hat dich auserwählt. Du bist einzigartig. Ich möchte dich nun auch mit Öl segnen. Ich mache dir ein kleines Kreuz auf deinen Handrücken. Wenn du das nicht willst, dann lass deinen Arm gesenkt. Wer das Öl spüren und riechen möchte, hält mir seine Hand hin.“
    Dann gehst du von Kind zu Kind und gibst behutsam ein wenig Öl mit deinem Zeigefinger auf den Handrücken des Kindes. Dabei sprichst du zu jedem Kind einen Segenssatz, z.B. „Du bist einzigartig.“, „Du bist Gottes geliebtes Kind.“, „Du bist ein Geschenk.“, „Gott liebt dich.“
    Wenn ein Kind kein Öl auf seine Hand möchte, dann sprich trotzdem einen Segenssatz zu ihm. Du kannst es auch leicht dabei an der Schulter berühren.

  • Zum Abschluss kannst du noch ein Vaterunser beten und ein Lied singen, z.B. „Das wünsch ich sehr, dass immer einer bei mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich nicht!“

Wenn ihr Gelegenheit habt, besucht die Kirche öfters, nicht nur zu Festen oder Abschlussgottesdiensten. Es gibt so viel zu entdecken. Und die Kinder werden die Kirche mit anderen Augen sehen. Sie wird zu einem Ort der Begegnung mit Gott.
 
Hinweis: Ölritual auch für Kinder unter 3 Jahren in: „Religiöses Erleben von Anfang an“ von Katharina Bäcker-Braun und Monika Arnold

Ideenblitz

Neuheiten, Sonderpreise und Praxisimpulse: Hier erhalten Sie Ideenblitze für Ihre Arbeit.