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„Zeit zu(m) Spielen!“

Publiziert am 22.05.2019  von Margit Franz

Mit dem Weltspieltag will das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit seinen Partner/innen im „Bündnis Recht auf Spiel“ darauf aufmerksam machen, dass die Bedingungen für das freie Spiel von Kindern verbessert werden müssen. Von dem Motto „Zeit zu(m) Spielen!“ dürfen sich Eltern ebenso wie pädagogische Fachkräfte angesprochen fühlen. Alle, die Kinder in der Familie oder in Tageseinrichtungen für Kinder professionell betreuen, sind aufgefordert, Kindern die nötigen Freiräume für das freie und selbstbestimmte Spielen zu ermöglichen. Denn Spielen und sich spielend bewegen ist ein Grundbedürfnis von Kindern und ein Motor für Entwicklung und Wachstum.
 

Spielen – Grundbedürfnis von Kindern und ihr verbrieftes Recht

Spielen ist ein Grundbedürfnis von Kindern

Spielfreude und Bewegungsdrang sind angeboren und dem Menschen in die Wiege gelegt. Sie gehören zu jenen Tätigkeiten, die er lebenslang ausübt. Spiel und Bewegung sind Motor der kindlichen Entwicklung. Kinder entwickeln, lernen und bilden sich, indem sie bewegungsreich spielen und sich spielend bewegen. Spiel und Bewegung gehören zusammen – das eine geht ohne das andere nicht. Entwicklung ohne Bewegung ist ebenso wenig möglich wie Spielen ohne Bewegung.

Für Maria Montessori ist das Spiel die Arbeit des Kindes,
für den Erwachsenen hingegen ist es ein Ausgleich zur Arbeit.

Spielen ist ein Kinderrecht

Spielen ist die Hauptbeschäftigung und zugleich ein Recht des Kindes. Artikel 32 der UN-Kinderrechtskonvention sichert das Recht der Kinder auf Freizeit, Erholung und Spiel. Die Kinderrechte wurden 1989 von der UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet. In Deutschland traten sie 1992 (mit gewissen Einschränkungen) in Kraft. Seit 2010 gelten sie uneingeschränkt auch für ausländische Kinder und Jugendliche. Der UN-Kinderrechteausschuss hebt hervor, dass Spielen selbstbestimmt, eigenständig ausgeübt und nicht durch Erwachsene gelenkt und manipuliert werden soll. Menschen, Grund- und Kinderrechte, das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie das Bundeskinderschutzgesetz stärken die Eigenrechte von Kindern und Jugendlichen zur Teilhabe, Beteiligung und Beschwerde. Es stellt sich somit nicht die Frage, ob, sondern wie die Rechte der Kinder in Krippen, Kitas, Horten konzeptionell verankert und gesichert werden. Für pädagogische Fachkräfte gehört es zu den unabdingbaren Pflichtaufgaben, sich darüber zu verständigen, wie die Rechte der Kinder im Alltag praktisch gelebt werden.
 

Warum Spielen so wichtig für Kinder ist

Spiel- und Bewegungskompetenz entfalten

„Kinder sind von Geburt an mit grundlegenden Kompetenzen sowie einem reichhaltigen Lern- und Entwicklungspotenzial ausgestattet.“ (Hessisches Sozialministerium: Kinder in den ersten drei Lebensjahren. Wiesbaden 2010, 11)

Pädagogische Aufgabe von Kindertageseinrichtungen ist, Kindern ungestörtes Spielen in anregend und großzügig gestalteten Innen- und Außenräumen zu ermöglichen. Eine spiel- und bewegungsfördernde Pädagogik ist Voraussetzung dafür, dass Mädchen und Jungen ihre Spiel- und Bewegungskompetenz von Anfang an entfalten, erweitern und differenzieren können. Das Kind und seine Kompetenzen stehen im Mittelpunkt einer Pädagogik, die Mädchen und Jungen in ihrem Selbstkonzept, in ihren emotionalen, sozialen, kommunikativen, körperbezogenen, kognitiven, lernmethodischen Kompetenzen stärken möchte.

Spielen ist Lernen

Was zunächst als Widerspruch erscheint, ist ein Traumpaar, denn Spielen ist Lernen! Spielen ist das von der Evolution hervorgebrachte und somit natürliche Förderprogramm von Menschenkindern. Spielend begreifen Kinder die Welt und spielend wachsen sie in die Kultur hinein, in der sie groß werden. Spiel- und Kindheitsforscher gehen davon aus, dass ein Kind bis zum Schuleintritt mindestens 15.000 Stunden selbstbestimmt gespielt haben muss – das sind etwa sieben Stunden am Tag.

Spielen macht Spaß

Kinder spielen aus eigener Motivation leidenschaftlich gerne, weil es ihnen Spaß macht. Kein Kind spielt mit der Absicht, etwas Sinnvolles zu lernen, jedoch immer mit der Idee, etwas Bestimmtes herauszufinden, Neues auszuprobieren oder etwas können zu wollen, was Sinn und Befriedigung gibt. Die erlebte Selbstwirksamkeit „Jaaaaa – ich kann´s!“ ist wie Dünger für das kindliche Selbstwertgefühl. Unermüdlich spielen Kinder und sind in Bewegung. Dabei scheuen sich nicht, bis an ihre persönlichen Grenzen zu gehen. Spielendes Lernen ist lustvolles, ganzheitliches Lernen, weil alle Sinne – inklusive Blödsinn und Unsinn mit hohem Spaßfaktor – beteiligt sind.

Spielen ist Body-Building

Eine wesentliche Funktion bewegungsreichen Spielens ist das tägliche Training eines noch jungen Körpers. Muskeln, Sehnen, Gelenke werden gestärkt. Bewegungsabläufe werden ausprobiert, koordiniert und einstudiert. Auf diese Weise gelingen zunehmend komplexer werdende Handlungen. Bewegungsfreude wird zum Motor gesunder Entwicklung, so dass sich Körpergefühl, Körperbewusstsein, Körperbeherrschung, Bewegungssicherheit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit ausbilden können. Körperlicher Krafteinsatz und emotionale Beteiligung fordern die ganze Person heraus und fördern zugleich die Persönlichkeitsentwicklung.

Spielen baut Stress ab

Wenn wir Kinder beim Spielen beobachten, können wir immer wieder erleben, wie sie spielend ihre Eindrücke verarbeiten. In Rollenspielen werden fröhliche aber auch traurige und beängstigende Erlebnisse inszeniert. Das, was ein Kind spielt, hat für es selbst Sinn und Bedeutung. Dem Kind geht es weniger darum, ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis zu erreichen. Viel wichtiger sind der Spielprozess und die Erfahrungen, die es mit sich und anderen Kindern im Spiel sammeln kann.

Spielen ist soziales Lernen

Die alters- und geschlechtsgemischte Spielgruppe bietet einen optimalen Entwicklungsrahmen für soziales Lernen. Mit anderen Kindern zu spielen, erfordert, unterschiedliche Spielideen miteinander zu verwirklichen. Dafür müssen Absprachen getroffen und Regeln vereinbart werden. Konflikte werden ausgetragen und Lösungsmöglichkeiten verhandelt. Eigene Bedürfnisse müssen zugunsten einer Spielidee und Spielgruppe zurückgehalten werden, damit sich ein gemeinsames Spiel überhaupt entwickeln kann. Kinder streben nach sozialer Verbundenheit. Sie möchten einer Spielgruppe angehören und entwickeln dadurch neue Verhaltensweisen und Strategien, die ihnen Zugehörigkeit ermöglichen. Spielen öffnet den Weg zum eigenen Ich, aber auch vom Ich zum Du zum Wir.

Spielen überwindet Grenzen

Spielen hat eine hohe Bedeutung für kultur- und sprachübergreifende Kontakte und Freundschaften. Die Kita ist ein Ort gelebter soziokultureller Vielfalt. Der Schlüssel für Begegnung und Miteinander ist das Spiel. Spielend wachsen Kinder in ihre Kultur hinein und spielend nehmen sie Kontakt zueinander auf. Sprachliche Barrieren lösen Kinder im wahrsten Sinne des Wortes spielend. Im Spiel sprechen Kinder quasi ihre eigene Sprache. Kindliche Offenheit für Anderes und das Interesse an Neuem überwindet Grenzen und ermöglicht, dass sich neue Beziehungsmuster entwickeln können.

Spielen fördert Kreativität

„Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt ...“ singt Pippi Langstrumpf überzeugend. Spielend gestalten Kinder ihre eigene Wirklichkeit. Geht nicht gibt’s nicht! – die blühende Fantasie macht nahezu alles möglich. Fantasie, Kreativität und Spiel sind ohne einander nicht denkbar. Kindliche Spielhandlungen sind so komplex wie einfallsreich und werden miteinander immer wieder neu ko-konstruiert. Im Spiel tauchen oftmals Probleme auf, die es zu lösen gilt. Die Suche nach Lösungen macht einen wesentlichen Teil des Spiels aus. Dieses entdeckende Lernen ist aktive Weltaneignung in eigener Sache.

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