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Ruheinseln für Kinder

Publiziert am 13.08.2015  von Gabriele Kubitschek

Häufiges Bauchweh, Schlafstörungen, Konzentrationsmangel, Aggressionen, Nägelkauen oder Kopfschmerzen können frühe Warnsignale dafür sein, dass ein Kind unter einer zu großen Daueranspannung leidet. Oft spüren sie dann ihr natürliches Ruhebedürfnis nicht mehr, sondern reagieren darauf mit noch mehr Toben und Lärmen.

Entspannung wofür?

Das emotionale Gleichgewicht eines Kindes hat Auswirkungen auf seine Gedächtnisleistung, Lernmotivation, sein soziales Verhalten und letztendlich auch das allgemeine Wohlbefinden. Bei Dauerstress gerät dieses innere Gleichgewicht aus den Fugen und beeinträchtigt damit die gesunde Entwicklung des Kindes. Regelmäßige „Auszeiten" helfen ihnen dabei, ihr inneres Gleichgewicht nach Stressphasen wieder zu finden und sich zu stabilisieren. Nur so können sie Erlebtes und Gelerntes wirklich gut verarbeiten, sind wieder offen für neue Informationen, können sich besser konzentrieren, sich mit ihrem Gegenüber friedlich auseinandersetzen und so letztendlich auf Dauer auch gesünder bleiben.

Wege zur Entspannung im Kindergarten

Sich entspannen können, hat sehr viel mit sich wohl fühlen zu tun! Je nach Tagesverfassung und Entspannungsgrundtyp brauchen die einen Kinder dafür mehr Bewegung und Aktion und die anderen eher Stille, Ruhe und Rückzug. Das Ziel ist jedoch stets dasselbe: Abschalten, um wieder auftanken zu können.
Der Wechsel zwischen Aktion – Ruhe – Aktion bildet einen Grundrhythmus im Leben. Er hilft, sich wieder in sich selbst zu stabilisieren, die eigene Frustrationsgrenze zu erweitern und so im Vertrauen auf die Menschen, die einen umgeben, innerlich zu wachsen. Deshalb ist es wichtig, im Tagesablauf regelmäßig Zeit zum Entspannen, Loslassen oder einfach Trödeln einzuplanen. So können sie ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle wahrnehmen

Was kann die Kinder dabei unterstützen?

 

1. Regelmäßigkeit:
Kleine wiederkehrende Rituale geben Kindern das Gefühl von Sicherheit und Wohlgefühl.
Im Wochenverlauf könnte das zum Beispiel so umgesetzt werden:

  • Montags: Gesprächskreis (wie war das Wochenende?) zum Ankommen in der Gruppe und anschließend eine Bewegungsstunde zum Austoben anbieten.

  • Mittwochs: Ein gezieltes Angebot zur Stärkung der eigenen Körperwahrnehmung und der Sinne.

  • Freitags: Eine Entspannungsgeschichte anbieten, z. B. unter dem Grundmotto: Unsere Kuschelstunde/Der Traumgarten usw., für einen ruhigen Wochenausklang.

2. Raum und Zeit:
Die Gestaltung der Räume sowie des Zeitplans sollten genügend Platz geben für freie Spielphasen und klare Ruhepausen, um sich so, frei bestimmt, zwischen Gemeinschaftsspielen oder individuellen Rückzugsmöglichkeiten (etwa in die gemütliche Kuschelecke) entscheiden zu lernen.

3. Farb- und Materialwahl:
Lichte, freundliche Farben, grüne Pflanzen, Möbel aus Naturmaterialien und Düfte (z. B. Mandarine) unterstützen Sie dabei, die Grundlage für ein entspannendes Raumklima zu gestalten.

Die Umsetzung in der Praxis

 

Vorbereitung:
1. Bei gezielten Entspannungsangeboten sollte der Raum gut temperiert (nicht zu warm) und nicht zu hell sein.
2. Ein Schild vor der Tür bittet KollegInnen und Kinder aus den anderen Gruppen, die Ruhezeit zu beachten und währenddessen den Raum nicht zu betreten.

Aus der Aktion in die Ruhe kommen: Wir wecken unsere Ohren („Die Ohrenmütze")

Die Erzieherin spricht den folgenden Text und zeigt dabei gleichzeitig den entsprechenden Bewegungsablauf. Anschließend machen alle Kinder die Übung an ihren eigenen Ohren mit. Beide Ohren gleichzeitig bearbeiten!

Text: Eine kleine Schnecke sitzt in einer Ecke.
Bewegung: Mit Zeigefinger und Daumen den Ohransatz oben greifen.
Text: Streckt frech ihre Fühler aus
Bewegung: Mit beiden Fingern von innen nach außen zum Ohrrand hin ausstreichen.
Text: und wandert damit aus dem Haus. Tip. Tap. Tip. Tap …!
Bewegung: Beide Ohren auf diese Weise hinunter bis zum Ohrläppchen wandern (ca. 5- bis 6-mal ausstreichen bis das Ohrläppchen erreicht worden ist).
Text: Klingeling, aufgewacht!
Bewegung: Jetzt beide Ohrläppchen gleichzeitig sanft drücken und dann abwechselnd vor und zurück „schaukeln"!

Diese Übung stammt ursprünglich aus der Pädagogischen Kinesiologie und wurde für den Einsatz im Kindergarten durch einen kurzen Spieltext von der Autorin erweitert. Die „Ohrenmütze" hat sich sehr gut als lustiges Startritual in den Tag hinein oder direkt vor gezielten Förderangeboten bewährt.

Wichtig dabei ist: Die Übung insgesamt mit ruhiger, jedoch melodischer Stimmführung durchzuführen und auch nur so lange, wie die Kinder sie gerne mitmachen. Also, sie nicht zu oft am Stück wiederholen oder gar sie „üben" wollen. 2-3 Wiederholungen pro Spielaktion reichen vollkommen aus.

Ziele:

  • Gehörtes gut zu verstehen,

  • macht wieder wach und aufnahmefähig für neue Informationen.

Abschluss: Könnte eine Frage an die Kinder zur Stärkung der Eigenwahrnehmung sein, beispielsweise: „Wie fühlen sich jetzt deine Ohren an? Gibt es einen Unterschied zu vorher?"

Beispiel für eine Grundkombination in der Gruppe, um wieder zur Ruhe zu kommen:
Die Verbindung von einem Bewegungsangebot (z. B. freies Bewegen zu einem Thema, Tanz, Übungen aus der Kinesiologie, Rückenkrabbler- oder Fingerspiele) mit einer anschließenden Stille-Wahrnehmungsübung (z. B. stilles Malen, Gestalten, Rhythmikübung, verschiedene Wahrnehmungsübungen für die Sinne oder den Körper spüren lernen usw.).
Abschließend die Kinder ihre Erlebnisse und Gedanken (vorher-nachher) erzählen lassen, so festigt sich die Erfahrung und wird den Kindern bewusster. Und ist damit ein Weg, sich gezielt selbst zu helfen, wieder ruhiger zu werden.

Aus der Ruhe in die Aktion kommen: Im Zirkus Kunterbunt

Vorbereitung: Für jedes Kind wird ein Bohnen- oder Reissäckchen sowie eine warme Decke für den Boden benötigt.

Einführung:
1. Das Bohnensäckchen kurz einführen (= symbolische Eintrittskarte in den Mitmachzirkus).
2. Die Kinder vorab das Klangzeichen zum „Aufwachen" hören lassen, sie so darauf vorbereiten.

Durchführung: Die Kinder sitzen alle im Kreis auf ihrer Decke, die Erzieherin erzählt: „Heute besuchen wir alle den Zirkus Kunterbunt. Das ist ein ganz besonderer Zirkus, bei dem alle Kinder mitmachen dürfen. Du brauchst dafür nur eine Eintrittskarte. Deshalb, schließ kurz deine Augen und wenn du unser Aufwachzeichen hörst, dann sind wir schon im Zirkus angekommen und du öffnest deine Augen wieder."
Die Erzieherin geht nun leise von einem Kind zum anderen und legt dabei seitlich neben jedem Kind, auf der Höhe seines Bauchnabels ein Bohnensäckchen ab. Wenn alle Kinder ihres erhalten haben, wird das Klangzeichen zum „Aufwachen" gegeben. Nun dürfen alle Kinder ihre Augen wieder öffnen und fangen an, das Säckchen zu ertasten, es zu spüren und dann immer freier damit zu experimentieren, bis hin zum Jonglieren. Sobald Musik erklingt, beginnen sie sich mit dem Bohnensäckchen frei durch den Raum zu bewegen und allein oder gemeinsam mit anderen lustige Kunststücke zu erfinden.

Abschluss: Auf ein vorher vereinbartes Zeichen hin kommen sie wieder zu ihrer Kuscheldecke zurück. Jedes Kind liegt nun wieder auf dem Rücken. Das Säckchen liegt dabei auf seinem Bauch. Die Kinder spüren nun den Boden, der sie trägt, ihren Bauch und das Bohnensäckchen, das sich mit ihrem Atem auf und ab bewegt.

Wichtig: Den Kindern genügend Zeit zum Nachspüren geben (ca. 3 bis 5 Minuten) und abschließend jedes Kind seine Erfahrungen im Kreis mitteilen lassen.

Die Anforderungen an unsere Kinder sind hoch, manchmal vielleicht sogar zu hoch. Gerade in unserer globalisierten Leistungsgesellschaft ist es wichtig, dass wir uns darüber bewusst sind, dass wirklich niemand perfekt ist oder sein kann. Entspannen zu können ist die Basis um auf Dauer gesund und leistungsfähig zu bleiben.

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