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Helden-Hirn und Beschützer-Hirn: Was macht Kinder stark?

Publiziert am 21.09.2021  von Kathrin Mikan

Mentale Gesundheit bei Kindern

Wir wollen Kinder stärken, damit sie sich psychisch und körperlich gesund entwickeln, sodass sie Stress, Krisen und Herausforderungen im Leben meistern können und erfolgreich und glücklich werden. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der sogenannten „Resilienz“.

Was ist Resilienz?

Doch was genau macht Kinder stark? Die Resilienz-Forschung unterscheidet zwischen körperlichen und psychischen Resilienz-Faktoren. Zu den körperlichen Faktoren zählen z.B. gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung – möglichst an der frischen Luft – und ausreichend Schlaf. Zu den psychischen Faktoren zählen unter anderem emotionale Kompetenzen, soziale Kompetenzen, Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein, Optimismus, Selbstwirksamkeit und die Fähigkeit sich selbst reflektieren zu können.

Resilienz und unser Gehirn

Nun kommt kein Kind auf die Welt und kann sich von Anfang an selbst reflektieren oder eigene Gedanken lenken. Dies wäre auch nicht zielführend. Denn Menschenkinder entwickeln sich im Vergleich zu anderen Säugetieren sehr langsam und sind lange auf die Pflege durch liebevolle Bezugspersonen angewiesen. Je nachdem, welche Erfahrungen unser Gehirn macht, so entwickeln sich auch unterschiedliche „Neuronen-Autobahnen“ zu verschiedenen Bereichen in unserem Gehirn.

Das Helden-Hirn wecken

Ein Gehirn-Bereich ist besonders wichtig, um Resilienzfaktoren zu stärken, um also Kinder „stark“ für ihre Zukunft zu machen. Dies ist der sogenannte „Präfrontale Cortex“, auch Vorderhirn oder von uns auch „Helden-Hirn“ genannt. Im Helden-Hirn liegen wichtige „Helden-Eigenschaften“ wie der bewusste, achtsame Umgang mit eigenen Gedanken und Gefühlen, die Fähigkeit, eigenes Verhalten zu lenken und darüber nachdenken zu können und vieles mehr (auch sogenannte „exekutive Funktionen“). Die Entwicklung des Helden-Hirns macht im Alter zwischen 3 und 6 Jahren einen großen Sprung, „fertig entwickelt“ ist das Helden-Hirn jedoch erst ca. im 24. Lebensjahr!

Wenn das Beschützer-Hirn regiert

Haben Kinder viele Sorgen, Stress oder fühlen sie sich sehr unsicher, führt dies zu mehr „herausfordernden Verhaltenszügen“, wie Aggressionen, Wut, Rückzug und Ängsten. Die Verbindung zu ihrem „Beschützer-Hirn“ (auch als Hirnstamm oder „Reptilien-Hirn“ bezeichnet) wird dann verstärkt ausgebaut. Werden diese Gefühle sehr stark, dann ist logisches Denken, friedliches Kommunizieren, Handeln und Lernen, nicht mehr möglich.
Wir erleben dann Kinder, die ihre Aufmerksamkeit nicht gut fokussieren können, die häufig mit Ärger und Argwohn reagieren. Sie haben Probleme, Situationen mit anderen richtig einzuschätzen, z.B. indem sie anderen böse Absichten unterstellen. Manche neigen zu aggressivem oder sozial unsicherem Verhalten, zeigen weniger prosoziale Verhaltensweisen sowie eine geringere Empathiefähigkeit. Weil bei Gleichaltrigen eher unbeliebt, sind sie auf diese Weise in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung beeinträchtigt.

Kinder stark machen

Dem gegenüber stehen Kinder, die konstruktive Bewältigungsstrategien anwenden oder ihr Verhalten flexibel an neue Situationen anpassen. Aufgrund guter Gefühlsregulation und geringerer Erregbarkeit äußern sie mehr positive Gefühle. Solche Kinder sind bei Gleichaltrigen beliebter und gelten auch bei Pädagog:innen als prosozialer, kooperativer und sozial und emotional kompetenter. Diese Kinder haben bereits eine starke Verbindung zu ihrem Helden-Hirn aufbauen können und damit mehr Zugang zu Fähigkeiten, die „stark machen“, ihnen also unter anderem viele wichtige sozial-emotionale Kompetenzen ermöglichen.

Auswirkungen der Corona-Pandemie

Seit 2020 begleitet uns die Corona-Pandemie durch den Alltag. Für Kinder war und ist es eine besonders große Herausforderung: Die emotionale Belastung und die Anforderungen, die oft wie selbstverständlich an sie gestellt wurden, waren sehr hoch.
Während sich bereits vor der Corona-Pandemie bei rund 20% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland Anhaltspunkte für psychische Auffälligkeiten fanden (Tendenz steigend), zeigt eine aktuelle Studie, dass sich der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten während der Corona-Pandemie knapp verdoppelt und ihr Gesundheitsverhalten verschlechtert hat.
Wir erleben also Kinder mit vielen Sorgen, Stress und Verunsicherungen. Die Gefahr, dass die Verbindung zum „Beschützer-Hirn“ ausgebaut wird und dass dadurch psychische Erkrankungen und „herausforderndes Verhalten“ zunehmen, ist deutlich erhöht.
Gerade jetzt benötigen Kinder dringend Unterstützung, um sie im Umgang mit ihren Gefühlen und Gedanken zu stärken und um ihre Verbindung zum Helden-Hirn Schritt für Schritt auf- und auszubauen.

3 Tipps, wie Sie Kinder stärken können

1. Das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln!
Damit sich das „Beschützer“- oder „Reptilien-Hirn“ beruhigen kann, benötigt es das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Es ist wichtig, Kindern das Gefühl zu vermitteln: „Du bist gut so, wie du bist und ich bin für dich da und beschütze dich! Ich passe auf dich auf. Bei mir bist du in Sicherheit.“ Auch Rituale und klare Regeln, die den Fokus auf das Kind selbst, Gemeinsamkeiten und schöne Momente legen, unterstützen das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.

2. Gefühle zum Thema machen!
Studien zeigen: Kinder, die Gefühle erkennen und benennen können, können diese auch leichter lenken lernen. Machen Sie also Gefühle regelmäßig zum Thema. Wichtig ist hierbei, dass der Fokus nicht nur auf „schwere Gefühle“, wie Wut, Angst, Ekel und Traurigkeit, gelegt wird. Auch den „leichten Gefühlen“ muss Platz gegeben werden. Der Fokus auf leichte Gefühle, wie Fröhlichkeit, Mut, Neugier und Entspannung stärkt wichtige Resilienzfaktoren wie Optimismus und eine positive Lebenseinstellung. Sprechen Sie dabei nicht von „postiven“ und „negativen“ Gefühlen, sondern zeigen Sie Kindern: Alle Gefühle sind wichtig – denn jedes Gefühl schickt wichtige Signale. Wir von SUPERHELDENKIDS sprechen deshalb von „Starkmacher-Gefühlen“ für leichte und „Beschützer-Gefühlen“ für schwere Gefühle. „Starkmacher-Gefühle“ stärken die Verbindung zum Helden-Hirn und „Beschützer-Gefühle“ aktivieren leichter unser Beschützer-Hirn. Die Ausgewogenheit von Starkmacher-Gefühlen und Beschützer-Gefühlen ist beim Thematisieren der Gefühle mit den Kindern wichtig: So wird der Fokus auf leichte Gefühle gelegt. Denn wenn wir Starkmacher-Gefühle fühlen, können wir uns leichter konzentrieren und neue Dinge lernen. Wir können dann auch einfacher unsere eigenen Gefühle regulieren.

3. Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Gefühlen aufzeigen!
Während Erwachsene bereits unterschiedliche Strategien erlernt haben, mit Gefühlen umzugehen, müssen Kinder es erst noch lernen. Um Kindern gesunde Strategien im Umgang mit ihren Gefühlen zu lehren, benötigen sie Vorbilder, die Ihnen einen gesunden Umgang mit Gefühlen vorleben und aufzeigen. Die Arbeit mit Symbolen hilft dabei, Kindern bewusst zu machen und zu zeigen, wie sie ihre Gefühle lenken können. Studien zeigen, dass der Einsatz von Symbolen bereits für Kinder ab 2 Jahren hilfreich ist. Besonders Kinder mit Schwierigkeiten in der Selbstregulation bitten zumeist nicht selbst um Hilfe. Darum ist es wichtig, als Erzieher:in proaktiv zu handeln und durch den achtsamen Umgang mit eigenen Gefühlen, Gedanken und Kommunikation die Resilienz der Kinder zu stärken.

Material-Tipps, um Kinder im Alltag zu stärken
  • Mit dem GEFÜHLEHELDEN Set kann ein „sicherer Ort“ im Gruppenraum geschaffen werden, die sogenannte GEFÜHLEHELDEN-Zone, um mit Kindern gemeinsam regelmäßig über Gefühle zu lernen und um Konflikte friedlich zu lösen. Hier werden Kinder darin gestärkt und angeleitet, die Verbindung zu ihrem Helden-Hirn auszubauen. Das GEFÜHLEHELDEN-Set kommt mit 9 Videos für Kinder, in denen erklärt wird, welche Strategien helfen, um Beschützergefühle, wie Wut, Traurigkeit und Angst zu lenken. Das stellt eine wichtige Ressource im Umgang mit belastenden Situationen und Konflikten dar.

 


Auf dem GEFÜHLEHELDEN-Poster von SUPERHELDENKIDS ist jedem „Beschützer-Gefühl“ ein „Starkmacher-Gefühl“ gegenübergestellt.

 

Dr. Kathrin Mikan hat langjährige Erfahrung als Kinder- und Neuropsychologin, unter anderem als leitende Psychologin einer Station in einer Eltern-Kind-Klinik sowie als Psychologin in einer interdisziplinären Frühförderstelle. Sie forschte mehrere Jahre an verschiedenen internationalen Universitäten in den Bereichen Entwicklungspsychologie und Gehirnforschung. 2020 gründete Sie die Firma SUPERHELDENKIDS, um Kinder präventiv in ihrer mentalen Gesundheit zu stärken. SUPERHELDENKIDS bietet neuropsychologisch basierte Materialien, Programme, Fortbildungen und Vorträge für Familien, Kindergärten, Schulen, Eltern und Fachpersonal an.

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