Religion in der Kita - so klappt die Team-Arbeit!
Publiziert am 27.10.2020 von Frank Hartmann
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Religionspädagogisches Arbeiten in der Kita – überall anders
Es gibt Träger und Leitungen, die besonderen Wert auf Religionspädagogik legen und darauf achten, dass sich das gesamte Team mit diesem Thema beschäftigt. In anderen Einrichtungen bleibt es dem Team freigestellt, wer welche Angebote realisiert. Es gibt Kitas, in denen wöchentliche Angebote stattfinden, und solche, die nur zu großen Festen drei bis vier Mal im Jahr religionspädagogisch aktiv sind. Es gibt gut ausgebildete, autonome Teams, die die Religionspädagogik in Eigenregie souverän gestalten und solche, die sich wegducken oder das Feld dem Pfarramt überlassen. Es gibt Gemeinden, deren Hauptamtliche ein Team religionspädagogisch-theologisch begleiten, um ihnen zu einer wachsenden Selbstständigkeit auf diesem Gebiet verhelfen. Und es gibt Kitas, die fühlen sich von ihren Hauptamtlichen bevormundet oder von der Gemeinde instrumentalisiert, wenn sie als „Aushängeschild“ lebendiger Gemeindearbeit oder als Erfüllungsgehilfen in einem besonderen Gottesdienst fest eingeplant sind.
Was es nicht gibt, ist „das“ religionspädagogische Team bzw. den „richtigen“ Umgang mit dem Thema. Gerade deshalb muss man von Zeit zu Zeit zu schauen, wie die Religionspädagogik in der Kita strukturiert und praktisch organisiert ist, wie sie nach außen (Gemeinde) vernetzt ist. Am besten sollte die Religionspädagogik grundsätzlich alle zwei Jahre initiativ (also ohne besonderen Anlass) auf der Tagesordnung der Teamsitzung stehen. So können das religionspädagogische Konzept, das thematisch verantwortliche Team, die Angebote und Inhalte bestätigt oder verändert werden. Fällt diese Betrachtung kurz und zufrieden aus, wird die religionspädagogische Arbeit als stimmig gesehen, ist das Thema schnell bearbeitet. Ist die Betrachtung zäh und kontrovers, gibt es Unmut oder sehr verschiedene Vorstellungen, muss gehandelt werden – eventuell mit mehr Zeit. Je nach Bedarf kann dafür ein Studientag oder eine thematische Sitzung (ggfs. mit Träger, Gemeinde, …) vonnöten sein. Religionspädagogik muss Freude machen, offen verhandelt werden, auf Freiwilligkeit beruhen, authentisch sein und setzt eigene Beschäftigung mit den Inhalten und auch Wissen voraus. Dafür tragen Team, Leitung und Träger gemeinsam Verantwortung.
Viele Begabungen – ein Team
In beinahe jeder Einrichtung, unabhängig von der Konfession, gibt es Teammitglieder, die näher am Thema Religionspädagogik sind als andere. Dass ein Team als Ganzes auf diesem Feld arbeitet, ist eher die Ausnahme. Gleichwohl sollte man sich nicht damit zufriedengeben, wenn sich ein oder zwei Teammitglieder verantwortlich fühlen und der Rest der Kolleginnen still „konsumiert“. Religionspädagogik geht alle an, wenn auch nicht alle dasselbe tun müssen. Wer bei einem (weltanschaulich oder konfessionell) geprägten Träger angeheuert hat, dem kann der Kurs der Einrichtung nicht egal sein. Alle Tätigkeiten und Inhalte, die konzeptionell und naturgemäß zum Kitaalltag gehören, sind zudem kollegial und kooperativ zu erledigen. Es geht darum, im Geschehen den richtigen Platz zu finden und sich als Team gegenseitig wertschätzend zu unterstützen. Wer nicht gerne bastelt, gestaltet vielleicht lieber das Vorschulprogramm oder geht gerne in den Wald. Das ist Alltag und lässt sich klären. So ist es auch mit der Religionspädagogik: Wer keine Geschichten erzählen möchte, kann vielleicht Lieder singen/begleiten. Wer keine Lieder singen/begleiten möchte, kann sich für Stühle, Sitzkissen, Kerzen u.ä. verantwortlich fühlen. „Ein Leib, viele Glieder“ sollte auch im Kita-Team ein gelebter Wert sein. Hier geht es weder um Konkurrenz noch um Hierarchie, sondern um einen Beitrag zum großen Ganzen, bei dem jede/r eine Rolle spielt. Jede/r kann einen stimmigen Platz finden!
Kita-Teams sind offen für Neues
Natürlich gibt es Menschen, den Religionspädagogik sehr am Herzen liegt oder die eine besondere Begabung haben. Das ist Normalität auch in allen Bildungsbereichen. Jedes Teammitglied hat in der Regel ein „Spezialgebiet“ – kreatives Gestalten, Psychomotorik, Sprache, Naturwissenschaft … Das sollte natürlich genutzt werden. Ein gutes Team lebt von der Vielfalt und der sinnvollen Arbeitsteilung. Kein Team sollte „schwarzer Peter“ spielen. Eine Mehrheit, die ein bestimmtes Thema umschiffen will, kann charmant werbend agieren („Ach, du kannst das einfach am besten!“) oder auch passiven Druck ausüben, um Kolleginnen eine Aufgabe aufzudrücken. Für diese Form der „Entscheidungsfindung“ sollte sich jedes Team zu schade sein. Ebenfalls sollten einzelne Teammitglieder nicht „ein für alle Mal“ auf eine Position festgenagelt werden. Auch hier lässt ein Team einzelne Mitglieder allein. Niemand kann sich rausziehen mit dem Hinweis „damit hab ich nix am Hut!“ Der Satz „Wenn ICH es nicht mache, findet gar nichts statt!“ ist immer eine Problemanzeige und sollte jede Leitung/jeden Träger umgehend aktiv werden lassen.
Wenn Teammitglieder durch ihre Sozialisation gegenüber Religion eine große Distanz entwickelt haben, hat diese Haltung zweifelsohne Berechtigung und verdient Respekt. Aber „hier und heute“ können andere, neue Erfahrungen gemacht werden, wenn man bereit ist, sich zu öffnen. Wenn im o.g. ein Team wertschätzend miteinander arbeitet, findet sich für jede/n „der richtige Platz“ – d.h. einer, an dem man sich einbringen kann und dabei wohlfühlt.
Glaube muss mitwachsen: Themen und Inhalte
Die Religionspädagogik ist ein besonderes Thema. In der Naturwissenschaft geht es um klare Beobachtungen und Berechnungen, wie z.B. in der Mathematik: 2+2 = 4, da gibt es wenig zu diskutieren. So einfach ist es in der Religionspädagogik nicht, hier geht es nicht um Festgeschriebens. Wir sind für die Kinder Begleiter/innen – mit unseren individuellen Lebenserfahrungen, Überzeugungen, mit Haltung und Weltbild, dem eigenen Glauben und der eigenen Spiritualität. Daraus sollte man jedoch nicht schließen, man käme ganz ohne Wissen aus und könne „alles aus dem Bauch heraus“ machen. Gerade im Umgang mit Bibelgeschichten braucht das kompetente Team Hintergrundwissen und den kritischen Blick. Die Evangelien sind keine Tatsachenberichte, sondern theologische Texte. Das gilt auch für die meisten Texte des Alten Testaments, das über viele Jahrhunderte hinweg entstanden ist. Wenn es auch nicht „die eine“ Auslegung von Texten gibt, so ist dennoch nicht jede möglich!
Wichtig für die religionspädagogische Arbeit ist zudem das eigene Gottesbild und seine individuellen Wurzeln. Wir alle sind „irgendwie“ religiös sozialisiert worden. Es ist nicht unwichtig, diesen Weg zurückzuverfolgen und sich zu fragen, woher man kommt, wer an der Prägung des Glaubens beteiligt war und welche „Wahrheiten“ wir gespeichert haben. Vorlieben und Schwierigkeiten im Umgang mit bestimmten Geschichten und Inhalten haben häufig hier ihren Ursprung. Außerdem geben wir natürlich unsererseits an Kinder weiter, was wir „geerbt haben“. Eine Überprüfung, möglicherweise eine Veränderung unseres spirituellen Strickmusters ist nur möglich, wenn wir uns seine Farben und Bestandteile bewusst machen.
Und: Glaube muss mitwachsen! Die Kindheitsbilder, die Wahrheiten früherer Lebensabschnitte sind vielleicht inzwischen durch das Leben und unsere Erfahrungen in Frage gestellt. Das ist nicht schlimm – der Zweifel, die Frage und das „Neu-denken“ sind wichtig für authentische Entwicklung und Weitergabe von Glaubensinhalten, Vertrauen und Spiritualität! Oft finden Kolleginnen in der Arbeit mit Kindern neue Antworten und Bilder, insofern ist religionspädagogisches Arbeiten auch keine Einbahnstraße.
Keine Methoden ohne Konzepte
Es wird sehr viel Wert auf Methoden gelegt. Seminar-Anfragen, die ich von Kitas bekomme, beginnen meist mit dem Wunsch, „mal etwas Neues kennenzulernen!“ Die Methode ist jedoch stets der letzte Schritt in der Planung der Religionspädagogik. Keine noch so ausgefeilte Methode ersetzt die Frage nach der religionspädagogischen Konzeption, dem Umgang mit dem Thema im Team und die eigene Auseinandersetzung mit den Inhalten. Ich erlebe häufig, dass der Hunger nach neuen, „peppigen“ Methoden in einem Team alle anderen notwendigen Vorbereitungen überdeckt. Oder andersherum: ein Team, das sich intensive Gedanken gemacht hat, warum es was tut, findet in kollegialer Kooperation beinahe spielend auch „technische“ und kreative Methoden für die Arbeit mit den Kindern. Schließlich gibt es eine Menge Kompetenz in einem Team.
Sicher strukturieren Methoden, geben Sicherheit und reproduzieren manchmal Erfolge, die andernorts bereits mit einer bestimmten Methode erzielt wurden. Es ist es auch so, dass die Methode Inhalte und Prozesse in der Arbeit mit Kindern fördert und die eigene Freude am Arbeiten steigert. Das setzt allerdings voraus, eine individuell passende Methode für sich zu finden. Impulse zur eigenen Entwicklung halte ich für wichtiger, als fertige „Rezepte“. Nebenbei bemerkt gibt es ja schon eine unglaubliche Vielzahl an praktischen Tipps und Arbeitshilfen. Aus diesem Methoden-Pool findet jede und jeder sicher etwas für die eigene Arbeit.
Frank Hartmann, ev. Religionspädagoge, lebt in Arendsee. Er arbeitete als Gemeindediakon und in einem ökumenischen Kirchenzentrum. Acht Jahre war er Leiter einer evangelischen Kindertagesstätte in Hamburg. Seit 2010 ist er freiberuflich als Autor und Seminarleiter tätig.
Frank Hartmann
Frank Hartmann, ev. Religionspädagoge, lebt in Arendsee. Er arbeitete als Gemeindediakon und in einem ökumenischen Kirchenzentrum. Acht Jahre war er Leiter einer evangelischen Kindertagesstätte in Hamburg. Seit 2010 ist er freiberuflich als Autor und Dozent tätig.
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Frank Hartmann
Frank Hartmann, ev. Religionspädagoge, lebt in Arendsee. Er arbeitete als Gemeindediakon und in einem ökumenischen Kirchenzentrum. Acht Jahre war er Leiter einer evangelischen Kindertagesstätte in Hamburg. Seit 2010 ist er freiberuflich als Autor und Dozent tätig.
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